Was bin ich?

Bin vor kurzem ein Jahr älter, ein paar Kilo leichter und um einige Gedanken ärmer geworden und wenn es denn unbedingt einen griffigen Titel bräuchte, um mich zu orten, dann wäre es wohl „Deutscher Buddhist“. Das klingt allerdings, als wäre da wider die Natur, etwas zusammengewachsen, was nicht zusammengehört. Der Buddhismus ist ja nicht einmal eine ordentliche Religion, sondern ein philosophischer Ansatz, der so unendlich viele Traditionen, Schulen und Übertragungslinien hervorgebracht hat, dass sich ein durchschnittlicher deutscher Wanderer unmöglich darin zurechtfinden kann, auch nicht mit Karte. Das fängt schon mit dem Basisvokabular an. „Liebe“ klingt für unser Empfinden entweder romantisch-verkitscht oder esoterisch-verheult (verboten-katholisch ist dann die österreichische Variante nach Thomas Bernhard). Mit „Weisheit“ assoziieren wir eher lange weiße Bärte und „Mitgefühl“ ist für uns definitiv zu praktisch. Das klingt so ... machbar. Dann doch lieber die Liebe. Die kann man sich schön groß und unerreichbar machen. Ich erinnere mich noch gut, denn seinerzeit habe ich leidenschaftlich Witze darüber gemacht: Der Buddhismus in Deutschland hatte in den frühen Achtzigern seine Pionierzeit. Der Rest der bewusst sein wollenden Bevölkerung fühlte, heulte und brüllte in Therapieworkshops und viele unschuldige Kissen starben als Stellvertreter für „Irgendwas“ einen unehrenhaften Tod. Mann, Frau und Ich begaben sich auf die Suche nach Authentizität, Selbstverwirklichungsspielplätzen und der schuldig gebliebenen Anerkennung durch die eigenen Eltern. Ein, für unsere Verhältnisse, recht komplizierter Prozess, denn eigentlich sind wir kein Volk der Zwischentöne. Mit „Jawoll! Ja!“ oder aber „Nicht mit mir!“ stecken wir in der Regel unser Spielfeld kantengenau ab, ernennen die Linienrichter und mindestens einen Feind. Relativ gesehen, gibt es uns schon: Kalle und Malle, FC Bayern und Borussia Dortmund, Lauterbacher Strolch-Camenbert und Rotkäppchen Sekt. Kein Schöpfergott, kein Satan, keine Seele: die buddhistischen Nichtvorhandenheiten sind etwas schwer verständlich für eine Mentalität, die gern weiß wo der Hammer hängt, welches Dach gedeckt werden soll und wer schuld ist an dem ganzen Schlamassel. Ob ich eine Lösung für dieses Problem habe? Nein, aber "welches Schweinderl hättens denn gern"?

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