Alles Banane

Zwei neue Reifen, inklusive Aufziehen und Auswuchten? Das macht, mit unserer Rabattaktion, 333,- Euro. Wie, schon wieder Rabatt? Wo sind denn eigentlich die ganzen normalen Preise hin? Sind die alle krank? Nun, ich habe was gespart und bei meinem überraschend geplatzten Vorderreifen kommt mir das gerade recht. Aber eigentlich ist die Ersparnis vor allem eine gefühlte. Das Thema ist ja bekannt: Ein System, das seine Existenzberechtigung daraus zieht, immer schneller Neues zu produzieren und dies immer unkomplizierter und billiger zum Konsum zur Verfügung zu stellen, hat seine Grenzen und schafft neben viel Müll auch viel Sinnloses. Und weil wir nicht nur immer neue Produkte „brauchen“, sondern diese auch mit immer neuen Versprechungen gekoppelt sein müssen, betten wir das Ganze noch in einen emotionalen Claim ein. Bei der deutschen Wiedervereinigung war das: „Freiheit ist, wenn alle Bananen essen dürfen!“ und schon waren alle Grenzen überwunden, zumindest die des Konsums. Wir wissen um die Absurdität der Situation, aber wir wollen es nicht glauben und erlauben der Werbung, zu unserem Gebet zu werden und ihre Slogans werden zu unbewussten Mantren. Die Postfilialen nerven seit Jahren ungestraft jeden Kunden in jeder Geschäftsstelle in Ost und West mit der Frage, ob man denn nicht ein Konto bei der Postbank haben möchte. Die Mitarbeiter scheinen mir recht gut geschult, denn ich habe schon etliche, nicht stereotyp sondern authentisch wirkende Postbankanmachen erlebt: „Ein Konto bei der Postbank, wäre das nicht was für Sie? Denken Sie mal drüber nach. Ich bin noch bis 18 Uhr hier an Schalter 4.“ Ich nehme es meist mit Humor und antworte meinem baggernden Gegenüber mit dem Satz: „So wie Sie das sagen, fühle ich mich richtig schlecht, so ganz ohne Postbankkonto!“, aber eigentlich wäre eine angemessene Reaktion: „Ich zeig‘ Dich an, Du ...!“ oder die Frage: „Haben Sie auch Bananen im Angebot?“

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Kommentare: 1
  • #1

    Harriet (Sonntag, 04 Dezember 2011 15:11)

    Lieber Holger,

    alles Banane?

    Ich finde großartig, wie Du dieses Phänomen einfängst. Gerade vor Weihnachten würde ich mir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen. Was bin ich froh, dass ich längst alle Geschenke - Dank Deines Meetlittlesixteen-Projekt in Großauflage - zusammen habe. Bleibt nur eine Frage: Was schenke ich Dir?

    Lieben Gruß aus der Stille des Konsums.

    Harriet